Sampradaya (Sampradāya) ist eine Lehrer-Schüler-Nachfolgelinie.
Wörtlich: sam = unverfälscht und treu; pra = weiter, daya = geben.
Ein persönliches System der Wissensvermittlung von Lehrer zu Schüler, frei von institutionellen Strukturen.
Im [[vaishnavatum|Vishnuismus]] gibt es vier traditionelle Sampradayas, die sich sowohl in der Praxis der Rituale und Zeremonien, als auch in der Lehre selbst leicht voneinander unterscheiden.
*[[Shri-Sampradaya]]
*[[Brahma-Sampradaya]]
*[[Rudra-Sampradaya]]
*[[Kumara-Sampradaya]]
==== Gemeinsame Lehrsätze ====
*Gott ist unter vielen [[der_heilige_name|Namen]] wie [[Krishna]], [[Rama]], [[Narayana]] usw. bekannt und er ist der alleinige höchste Herr, **Einer ohne einen Zweiten**.
*Er manifestiert sich in vielen Gestalten und zahllosen [[avatara|Avataras]].
*Er besitzt einen **ewigen spirituellen Körper, voller Wissen und Glückseligkeit** (//sat-cit-ananda-vigraha//).
*In seinen unterschiedlichen Gestalten, wird er von zahllosen Geweihten ([[vaishnava|Vaishnavas]]) verehrt.
*Als Überseele ([[Paramatma]]) befindet er sich in allen Dingen. Er befindet sich in den Herzen aller verkörperten Lebewesen ([[Atman]])((Da der [[Paramatma]] den verkörperten [[Atman]] (Jiva) durch alle grob- und feinstofflichen Welten begleitet, ist diese Aussage definitiv nicht auf das Herz des physischen Körpers festzulegen.)), er ist der innere Lenker (Antaryami), der stille Zeuge aller Tätigkeiten, der Erhalter und Freund aller Lebewesen.
* **Prakriti** ist seine ewige [[Maya-Shakti|Shakti]]. Daher ist die materielle Manifestation real und keine Illusion.(([[Shankara]] erklärt in seiner [[vedanta|Advaita-Lehre]] die materielle Energie zur Illusion, ganz im Gegensatz zu den Schulen der Vaishnavas, welche die Prakriti als eine ewige Energie ([[Shakti]]) [[gott|Gottes]] betrachten.)) Prakriti hat zwei Zustände: //manifestiert// und //unmanifestiert//. Im manifestierten Zustand sind ihre Formen einem ständigen Wandel unterworfen.((Daher liegt die Illusion darin, die physischen Formen, Sinne und Sinnesobjekte, als Erfüllungsmöglichkeiten der beständigen realen inneren Bedürfnisse, die dem Atman entstammen, zu betrachten.))
*Der verkörperte [[Atman]] identifiziert sich fälschlicherweise mit seinen groben und [[feinstofflicher_koerper|feinstofflichen Hüllen]] aus der Substanz der Prakriti. Daher richtet sich sein Wünschen und Sehnen auf grob- oder feinstoffliche Objekte, die nicht von Dauer sind, was seine fortgesetzte Verstrickung in den Kreislauf von Geburt und Tod verstärkt. Das wird mitunter die Illusion der Lebewesen genannt.((Nicht die Materie ist Illusion, sondern die Identifikation mit ihr und die auf die Materie ausgerichteten Wünsche, welche selbst dann, wenn sie erfüllt werden, nicht von Dauer sind.))
==== Unterschiede ====
Nebst kleineren Unterschieden in der Ausübung von Ritualen, Zeremonien und leicht unterschiedlichen philosophischen Schwerpunkten, liegt ein auffallender Unterschied im Glauben daran, welche Gestalt Gottes denn nun wirklich die ursprüngliche, urerste Form sei.
Dabei kristallisieren sich drei Hauptgruppen heraus, die nicht immer 100%-ig einer bestimmten Sampradaya zuzuordnen sind. es sind dies jene, die:
*[[Krishna]],
*[[Rama]] oder
*[[Narayana]] ([[Vishnu]])
als die urerste Gestalt betrachten.
Da jedoch alle Vaishnavas alle drei Gestalten als den höchsten Gott akzeptieren, **der immer derselbe Eine in unterschiedlicher Gestalt ist**, besteht der Unterschied nicht in der Frage, wer Gott sei oder nicht, sondern darin, **wem die volle Aufmerksamkeit** geschenkt werden sollte.
Philosophisch betrachtet ist dies aber kein wirkliches Problem, da jede [[atman|Seele]] in ihrer Freiheit sich ganz natürlich zu einer ganz bestimmten Gestalt des Herrn angezogen fühlt. Letztlich ist es also eine Frage des liebenden Herzens und nicht einer rationalen Analyse des [[Veda]], der uns auch hierzu eine Antwort geben könnte.
Dies wird durch eine kurze Geschichte aus dem [[Chaitanya-Charitamrita]] II. 15. Kap. sehr schön veranschaulicht:
[[Mahaprabhu]] umarmt Murari Gupta und spricht zu den [[Bhakta]]s von dessen festgegründeter [[Bhakti]]. „Früher habe ich ihn wiederholt in Versuchung führen wollen und gesagt: ‚O Gupta, der Sohn Nandas ([[Krishna]]) ist höchste göttliche Lieblichkeit. Er ist der in sich selbst gegründete [[Bhagavan]], Urgestalt aller [[Avatara]]s, Urgrund von allem und höchste Fülle aller [[Rasa]]s der [[Prema]]. Er ist geschickt in allen Künsten, er lässt sich in allen Schwierigkeiten nicht von seinem Ziel abbringen. Er ist der Gipfel aller [[Rasa]]s, Ozean aller herrlichen [[Radha-Krishna|Eigenschaften]]. Krishnas Wandel ist lieblich; lieblich ist sein Spiel. Mit höchstem Geschick tut er seine [[Rasa-Lila]]. Verehre du diesen [[Krishna]], richte dich auf [[Krishna]] aus! Ausser der Verehrung [[Krishna]]s gefällt mir keine andere Verehrung!’\\
Er hörte solche Worte wiederholt, und aus Achtung zu mir änderte sich sein Sinn ein wenig. Er sagte zu mir: ‚Ich bin dein Diener, ich führe deine Befehle aus, ich bin nicht unabhängig‘.\\
Dann ging er nach Hause, dachte die Nacht darüber nach. Beim Gedanken daran, dass er Raghunatha (Shri [[Rama]]) im Stich lassen sollte, geriet er ganz ausser sich. ‚Wie soll ich die Füsse Raghunathas aufgeben? Laß mich, o [[Rama]], noch heute Nacht sterben!‘ So weinte er die ganze Nacht hindurch und konnte sich nicht beruhigen. Die ganze Nacht wachte er. Am frühen Morgen kam er zu mir, erfasste meine Füsse und weinend bat er mich: ‚Ich habe meinen Kopf an die Füsse Raghunathas verkauft und vermag meinen Kopf nicht wegzuziehen. Das quält mich. Ich vermag die Lotosse der Füsse Shri Raghunathas nicht im Stich zu lassen. Andererseits verletze ich deine Anweisung. Was ist da zu tun? O du von barmherziger Liebe Erfüllter, habe Gnade zu mir und lass mich hier vor dir sterben! Möge der Zweifel sich lösen!’\\
Als ich das hörte, freute ich mich sehr. Ich hob ihn auf und umarmte ihn. ‚Herrlich, herrlich, Gupta, ist dein so unverbrüchliches Verehren, so dass dein Geist durch meine Worte sich nicht irre machen liess. Eine solche Liebe (priti) des Dieners zu den Füssen des Herrn ist nötig. Auch wenn der Herr selbst einen loswerden will, kann man seine Füsse nicht aufgeben. Um zu erkennen, wie festgegründet deine Liebe ist, habe ich wiederholt mit Nachdruck zu dir gesprochen. Du bist [[Hanuman]] selbst, der Diener Shri Ramas. Wie solltest du wohl die Lotosse seiner Füsse aufgeben. Diesen Murari Gupta achte ich meinem eigenen Leben gleich. Wenn ich höre, wie er sich selbst abwertet, zerreisst es mir das Herz.“((Übersetzt von [[Walther Eidlitz]], in //Krsna-Caitanya – Sein Leben und Seine Lehre//.))