Feinstofflicher Körper

Der feinstoffliche Körper, Linga-Deha (Liṅga-Deha). Er besteht aus nachfolgenden Schichten, die den Atman umhüllen.

Die feinstofflichen Hüllen

Ahankara

Ahankara (Ahaṅkāra), das falsche Ich. Die feinstoffliche Grundlage des auf die Hüllen bezogenen Ich-Gefühls. Die Grundlage jeglicher Art der Identifikation mit physischer oder feinstofflicher Materie der Maya-Shakti
Das Ahankara ist die erste Hülle, die dem Atman überhaupt erst ermöglicht, sich selbst als Zentrum zu erleben.

Die Fähigkeit, sich selbst – seine ewige Identität als Atman vergessend – als eine Einheit von Citta, Buddhi und Manas mit entsprechendem Körper, zu wissen, zu fühlen und zu erleben.
Diese falsche Identifikation des ewigen ICH bezieht sich sowohl auf physische und feinstoffliche Materie. 

Dieses falsche Ich besteht aus dem Stoff der Maya.  und es ist der subtilste Teil der feinstofflichen Hülle, die erste Ummantelung des Atman, die ihm alle weiteren Stufen der Identifikation mit feiner und grober Materie ermöglicht.

Das Ahankara veranlasst den Atman sich selbst zu vergessen. Durch dieses Selbstvergessen wird er „gezwungen“, sich mit den feinen und groben Hüllen zu identifizieren. Der Atman glaubt nun: „Ich bin der physische Körper, ich bin das Gehirn, ich bin das Denken, Fühlen usw., ich bin ein Produkt dieser Welt“. Besitzt das Lebewesen umfangreicheres Wissen, beginnt die Identifikation mit feinstofflichen Körpern und den dazugehörigen zahlreichen feinstofflichen Welten (Dimensionen). Und wer in den feinstofflichen Dimensionen verkörpert ist, identifiziert sich den jeweiligen Welten und den entsprechenden Fähigkeiten, die der „Körper“ bietet.

Das Ahankara kann durch Verletzung, Trunkenheit usw., geschwächt oder zeitweilig eliminiert (außer Funktion gesetzt) werden. Jedoch wird die Identifikation mit grob- und feinstofflicher Materie dadurch nicht aufgelöst.
Das Ahankara ermöglicht jede Art von falschem Ich-Bewusstsein, seien diese auf den unterschiedlichsten feinstofflichen oder physischen Ebenen beheimatet.

Citta

Das rein rezeptive, passive Bewusstsein und Unterbewusstsein.

Citta ist theoretisch rein, unveränderlich, ruhig, still; tatsächlich aber voller lustbetonter oder auch unlustbetonter Eindrücke (Zuneigung und Abneigung) aufgrund vergangener Erlebnisse in unzähligen Körpern (auf Sanskrit: Vasanas).

Das Citta ist rein rezeptiv, passiv, und wird deswegen sehr oft mit einem Spiegel oder der Oberfläche eines Wassers verglichen. Die Eindrucksfähigkeit ist um so höher, je klarer und reiner dieser Spiegel ist, gleichsam einer ganz ruhigen, stillen Wasserfläche. Je weniger sich zwischen das Objekt, das gespiegelt werden und einen Eindruck hinterlassen soll, und dem Spiegel des Bewusstseins störend einschiebt, desto eher wird die Erkenntnis objektiv sein. Also Reinheit des Bewusstseins, Klarheit der Aufnahmefähigkeit, das Nichtverzerren der Form und Substanz und die Nichtentstellung des Objektes auf dem Weg zwischen den physischen Sinnen (Augen, Ohren etc.) und den Nerven bis zum Spiegel des Bewusstseins sind die Voraussetzungen dafür, dass ein Objekt als das wahrgenommen wird, was es tatsächlich ist.

Davon ist sehr wohl zu unterscheiden der Ausdruck Cit. Cit ist das, was aus reiner, unmittelbarer Erkenntnis besteht (das, was vom erwachten Atman selbst wahrgenommen wird). Citta dagegen besteht nicht aus Erkenntnis, sondern es ist ein feinstoffliches Organ, das sämtliche Eindrücke und Empfindungen speichert und auf diese Weise Erkenntnis über das Grob- und Feinstoffliche erwirbt. Der Inhalt des Citta ist bloß mittelbare, indirekte Erkenntnis.

Buddhi

Buddhi oder Buddhih: Intelligenz, Vernunft, Verstand.

Das Bewusstsein stellt fest, nach Überlegung und Erwägung, was das ist, was wahrgenommen wurde. Das heißt, es wird durch die Funktion der Vernunft erkannt, was das im Citta erlebte Objekt ist, wo es ist, von wo es herkommt, wie es zu erreichen ist.

Diese Erkenntnis kann gemäß dem Veda folgenden Inhalt haben:

  • Direkte Erfahrung, Schlussfolgerungen, Wahrnehmung der Abwesenheit einer Sache oder das, was die Schriften, die als absolute Erfahrungsquelle gelten, darüber aussagen. Man nennt das Pramana, Erkenntnis dessen, was real ist.
  • Irrtum oder Erkenntnis einer Sache, so wie sie überhaupt nicht ist (Viparyaya).
  • Erkenntnis einer Sache, die nur als bloßes Wort besteht, aber keineswegs eine Realität hinter sich hat, z.B. „das Horn eines Hasen„. Man nennt das Vikalpa.
  • Gedächtnis, Erinnerung, ein Wissen, das aus dem Eindruck entstand, den eine frühere Erfahrung hinterließ (Smrti).
  • Schlaf, d. h. die Erkenntnis hat überhaupt nichts zum Gegenstand, das Bewusstsein ruht; man nennt das Nidra.

Diese Überlegungs- und Analysefähigkeit der feinstofflichen Hülle nennt man Buddhi.

Manas

Manas oder Manah (Manaḥ): Denken, Fühlen und Wollen. Wird oft aus englischsprachigen Übersetzungen (von „mind“) mit den Begriffen „Geist“ oder „Verstand“ ins Deutsche übertragen.

Diese Schicht der feinstofflichen Hülle besteht aus der Bereitschaft etwas zu erleben. Diese Bereitschaft führt zu einem Begehren, das als „Wohl“1 Erlebte von neuem und stärker zu erleben, und gedanklich, in der Phantasie, bei dem Wohl gebenden Objekt zu verweilen; oder auch, bei dem Unwohl gebenden Objekt zu verweilen und darüber zu brüten.2

1 Sinnlicher oder intellektueller Genuss, Spaß, Freude. Dazu gehört das Nachdenken (Pläne schmieden) über Wege und Möglichkeiten, das als „wohl“ Erlebte erneut zu erleben.
2 Sinnlicher oder intellektueller Schmerz, Leid. Beinhaltet auch das darüber Nachdenken, wie es zum Leid kam und wie dieses zukünftig vermieden werden kann. 

Diese ständige Bereitschaft des Bewusstseins wird Manas genannt. Auch die Gesamtheit aller Bewusstseinsschichten heißt zuweilen Manas.3 Aus dem Manas entwickelt sich ein Begehren, Lust, Kama genannt. Es ist das Manas, das ein Objekt begehrenswert macht, das ihm „Farbe“ verleiht, so dass es als anziehend empfunden wird. Ebenso enthält dieses Bewusstsein der Bereitschaft auch das Gegenteil – nicht Lust (Begehren), sondern „Hass/Zorn“, Krodha genannt, also Ablehnung dessen, was entweder als Unwohl erlebt wird, oder dessen, was sich dem Erleben eines Wohles in den Weg stellt.
(Zusammengefasst aus den Texten von Walther Eidlitz und A.C. Bhaktivedanta Swami)

3 Die Sanskritsprache fordert immer wieder den Kontext im Auge zu halten. Das gilt im Grunde in jeder Sprache. 

Krishna sagt:

„Die acht Stoffe Erde, Wasser, Feuer, Luft,4  Äther (Raum), Manah, Buddhih und Ahankara bilden zusammen meine abgesonderte, materielle Energie (Prakriti).“
(Bhagavad-Gita 7.4)

4 Damit sind alle festen, flüssigen, feurigen und gasförmigen Stoffe gemeint; sowohl auf den grobstofflichen und auf den feinstofflichen Welten (Dimensionen). Feinstoffliche Dimensionen besitzen ebenso Form und die feinstofflich verkörperten Atmans besitzen entsprechende Körper, die zur jeweiligen Dimension passen. 
Deren Naturgesetze unterscheiden sich von Dimension zu Dimension und sie sind nicht mit den Naturgesetzen des physischen Kosmos vergleichbar.

Siehe auch