Vedanta

Vedanta (Vedānta) heißt wörtlich übersetzt: „Das Ende des Wissens (Veda)„, die endgültige Schlussfolgerung von Veda (Wissen).
Innerhalb der gegenwärtigen Schulen der Veda-Nachfolger gibt es unterschiedliche Auffassungen von Vedanta oder davon, was die endgültige Schlussfolgerung von Veda ist.

Monismus

Advaita-Vedanta

Bei Advaita-Vedanta (Advaita Vedānta) handelt es sich um ein monistisches Lehr-System, das die Welt auf ein einziges Prinzip (Brahman) zurückführt.
Der bekannteste Gelehrte und Begründer des Advaita-Vedanta war Shankara (788–820 n. Chr.).

Wichtige Texte des Vedanta sind die Brahmasutras (auch „Vedantasutras“ genannt), die Shankara ebenso wie die Bhagavad-Gita kommentierte. „Vivekachudamani“ (Das Kleinod Unterscheidung), der „Atma Bodha“, „Upadesha Sahasri“ sind weitere zentrale (Shankara zugeschriebene) Werke des Advaita-Vedanta, die die Philosophie der Nicht-Dualität und der Einheit der Seele mit Brahman erläutern.
Wesentliches Charakteristikum des Advaita-Vedanta ist die Wesensidentität von Atman, der individuellen Seele, und Brahman, deshalb die Bezeichnung Advaita-Vedanta, Vedanta der Nicht-Dualität. Hier besteht der Erkenntnisprozess des Menschen und der Weg zur Erlösung darin, diese Einheit zu erkennen. Dualität tritt demnach nur dort auf, wo avidya, Unwissenheit, herrscht. Die wahre Erkenntnis, die diese Unwissenheit überwindet, führt zur Advaita-Erfahrung und damit zur Befreiung, moksha.

Shankara reduzierte den Brahman-Begriff auf etwas ohne Eigenschaften, Form und Attribute (nirguna-brahman). Daher gelten hier auch sat (reines Sein), cit (reines Bewusstsein) und ananda (reine Glückseligkeit) nicht als das Brahman qualifizierende Attribute, sondern letztlich sind es überflüssige Bezeichnungen des Eigenschaftslosen. Demgegenüber verknüpft der Vishnuismus diese drei Attribute schon seit unvordenklichen Zeiten mit der vigraha (Form, Gestalt) Vishnus, der daher auch als Parabrahman bezeichnet wird (sat-cit-ananda-vigraha) und dessen Gestalt voller transzendenter Eigenschaften ist, frei von den Gunas der Maya-Shakti.

Theismus

Achintya Bheda-Abheda-Tattva

Achintya-bheda-abheda-Tattva (acintya-bhedābheda-tattva), auch Dvaita-Advaita genannt, bezeichnet die philosophische Lehre, welche die unfassbare gleichzeitige Einheit mit und Verschiedenheit von der absoluten Wahrheit lehrt.
Begründer dieser Philosophie ist Krishna-Chaitanya (1486-1533).
Diese Lehre besagt, dass sowohl die Gesamtheit aller Atmans als auch die Gesamtheit der Materie (Prakriti) Energien (Shaktis) der Persönlichkeit Gottes sind. Als Gottes Energie sind sie einerseits mit ihm identisch und gleichzeitig auf ewig von ihm verschieden, bheda-abheda. Dies ist acintya, dem menschlichen Verstand nicht fassbar und durch die Sinne nicht erfahrbar. Die gleichzeitige Einheit und Verschiedenheit der Wahrheit (tattva) wird im Bhagavata-Purana 1.2.11 folgendermaßen veranschaulicht:

„Die Kenner der Wahrheit (tattva) beschreiben die ewige Wahrheit, deren Wesen nicht-duale reine Erkenntnis ist, als Brahman, Paramatma und Bhagavan, so wird es vernommen.“

Die Vaishnavas – insbesondere in der Linie der Gaudiya-Sampradaya – sehen in diesem Vers die konzentrierte Schlussfolgerung des Veda. 

  • Die absolute Wahrheit ist nicht-dual (frei von allen dualen Designationen der Materie). 

Sie wird wahrgenommen als:

  • Brahman, die alldurchdringende und undifferenzierte spirituelle Energie.
  • Paramatma, die Überseele, welche jeden Atman begleitet und in transzendenter Gestalt in allen Dingen gegenwärtig ist.
  • Bhagavan, der höchste Herr selbst, der jenseits der manifestierten Prakriti in seinem ewigen Reich Vaikuntha weilt.

Dvaita-Vedanta

Dvaita-Vedanta (Dvaita Vedānta; von dvaita = Zweiheit, Dualität) bedeutet:
Vedanta der Zweiheit. Er wurde vom berühmten Vaishnava-Lehrer Madhva (1199 –1278) erneut ins Leben gerufen.
Demnach ist der Atman nicht undifferenziertes, eigenschaftsloses Brahman, sondern ein ewig vom Brahman getrenntes Teilchen, das zwar von Brahman-Natur ist, aber nicht so wie im Advaita-Vedanta gelehrt, mit dem eigenschaftslosen Brahman identisch ist.1
Stattdessen seien alle Menschen individuell verkörperte Seelen (jivas). Auch untergrabe die Gleichsetzung von Gottseele einerseits und den Seelen der Individuen andererseits die absolute Autorität Gottes, der allein das Höchste Brahman (Parabrahman) sei, und von dessen Gnade allein es abhänge.2 Gottesdienst (puja) und die auf Liebe gründende Unterwerfung unter ein höheres Wesen (Bhakti-Yoga) seien sinnlos, wenn dieses höhere Wesen identisch mit der verkörperten individuellen Seele ist.

1 Siehe auch Tata-stha-Shakti.
2 Die Seele gehört qualitativ zur Kategorie Brahman, sie ist aber nicht Parabrahman und kann auch nie zu Parabrahman (Gott) werden.

Shuddhadvaita

Shuddhadvaita, die Philosophie der reinen Nicht-Dualität, wurde von Vallabha (1479 – 1531), einem Zeitgenossen Krishna-Chaitanyas begründet.
Er lehnt die Maya-Lehre Shankaras ab, wonach das Universum und die Individualität bloße Illusion seien. Für ihn ist die ganze Welt Gottes Energie (Shakti) und trotz des ständigen Wandels real. Wie andere vishnuitische Philosophen unterscheidet auch er zwischen Gott, grob- und feinstofflicher Materie und den individuellen Seelen.
Vallabha erhob das Bhagavata-Purana zur Position einer höchst autoritativen Schrift. Sein systematisches Werk Tattvadipa, das sich mit den Lehren des Bhagavata-Purana beschäftigt, veranschaulicht seine Philosophie des Shuddhadvaita: Krishna erschafft die Jivas (Seelen), kreiert das Universum und ist der höchste Genießer seiner Energien. Der Zweck der Existenz Gottes und der Seelen liege in nichts anderem, als sich gegenseitig zu erfreuen und zu genießen. Radha sei die Gestalt gewordene Liebe Krishnas.
Zusammengefasst aus Klaus K. Klostermaier: Hinduism – A Short History, Seite 111–114 (ISBN 1-85168-213-9)

Die Schule Vallabhas ist bekannt für ihre Verehrung Radhas und Krishnas als das höchste göttliche Paar.
Die Vallabha-Schule ist heute eine starke Sampradaya in der Linie Rudras, die vor allem in Nordindien Millionen von Anhängern hat.

Vishishta-Advaita / Dvaita-Advaita

Bekannte Vertreter sind Ramanuja, ein Verehrer Lakshmi-Narayanas (Sri-Sampradaya) und Nimbarka, ein Verehrer Radha-Krishnas (Rudra-Sampradaya).
Nimbarka betonte Bhakti-Yoga. Es gab viele Bücher von dieser damals sehr populären geistigen Strömung, doch die meisten Quellen wurden vom einfallenden Muslim Aurangzeb (1659–1707) zerstört. Deshalb haben nur wenige Informationen über Nimbarka und seine Nachfolger überlebt.
Quelle: Nimbarka | Indian philosopher | Britannica

Siehe: Vishishtadvaita-Vedanta