Veda-Kultur

Veda-Kultur, die vedische Kultur oder Zivilisation, die auf Veda (Wissen) gründete und ihren weltweiten Einfluss durch das Kali-Yuga verlor.

Der Beginn der Veda-Kultur wird kaum jemals wissenschaftlich belegt werden können. Laut dem Veda selbst, müssten wir unüberbrückbare Zeiträume erfassen können. Sind doch 24 Stunden Brahmas bereits 8,64 Milliarden irdische Jahre.
Doch ein paar Überbleibsel der Veda-Kultur rücken durch archäologische Funde aus dem Dunkel der Vergangenheit ins Licht der Gegenwart.

Indologen haben bei ihren wissenschaftlichen Forschungen die empirischen Maßstäbe übernommen, wie sie in der westlichen Kultur auf den Gebieten der Geschichte, Anthropologie, Archäologie, Philologie und damit verwandter Disziplinen angewendet werden. Seit Beginn der indologischen Studien im 18. Jahrhundert wurde die Forschung auf jedem Gebiet immer weiterentwickelt. Die Gelehrten stimmen darin überein, dass ihre Rekonstruktion über den Ursprung und das Wesen der Veda-Kultur noch höchst ungenau ist und deren Ausgang unvorhersehbar erscheint.

Der Veda über sich selbst

Übereinstimmend erklären die Schriften (Shastras), die vedische Literatur sei vor rund 5000 Jahren, zu Beginn des Kali-Yugas, erstmalig und in zusammengefasster Form niedergeschrieben worden. Und dies, nachdem das Wissen schon vorher über viele Millionen von Jahren in mündlicher Form – daher nennt sich ein Teil der heutigen Schriften immer noch Shruti (das Gehörte) – von Philosophen, Yogis und Heiligen (Rishis) in den vier Schüler-Lehrer-Linien weiter gereicht wurde.

Obwohl die Empiriker die vielschichtige Gesamtheit der vedischen Kultur oftmals nicht berücksichtigen, räumen sie ein, die Geschichte der Menschheit sei durch die Eigendatierung und die weltweiten Entdeckungen neu zu überdenken. Der allgemeine Trend bei der fortlaufenden Neuschreibung der Geschichte der Menschheit geht dahin, die angenommenen Daten für den Beginn der menschlichen Zivilisation immer weiter in die Vergangenheit zurückzuverlegen.

Für gewöhnlich ist es die Archäologie, die speziell darauf ausgerichtet ist, etwas über alte Kulturen herauszufinden. Einiges, was die vedische Geschichtsschreibung erzählt, wird durch archäologische Funde bestätigt, allerdings sind die empirisch ermittelten Daten zu bruchstückhaft, um uns ein klares Bild der vedischen Zivilisation vermitteln zu können. Viele geografische Orte, die in den Schriften erwähnt werden, sind noch heute bekannt und manche indische Tempel wurden, entsprechend der Tradition, über Tausende von Jahren erhalten. Doch konnten diese Orte keine handfesten archäologischen Belege hervorbringen und die Ausgrabungen von Städten und Tempeln lassen keinen empirischen Schluss über den Beginn der vedischen Kultur zu.

Hinweise aus der Astronomie

Ein interessanter Hinweis kommt vielleicht etwas unerwartet aus dem Bereich der Astronomie. Surya-Siddhanta, Paitamahasiddhanta des Vishnudharmottara-Purana und Brahmagupta-Siddhanta sind drei vedische Schriften über Astronomie, in denen die Himmelskoordinaten verschiedener Sterne angegeben sind. Diese Koordinaten weichen jedoch auf den ersten Blick deutlich von den Erkenntnissen der heutigen Astronomie ab. Doch mithilfe moderner Messtechniken und Computer-Berechnungen wurden die Sternbewegungen zeitlich zurückverschoben und zeigten ein überraschendes Ergebnis. Die in den vedischen Texten enthaltenen Koordinaten sind doch zutreffend – allerdings stimmten sie zu einem Zeitpunkt, der Tausende von Jahren in der Vergangenheit liegt. Einige Angaben beschreiben Sternkonstellationen, wie sie vor mehr als 50′000 Jahren am Himmel zu sehen waren.

Archäologie

Die westliche Archäologie beginnt in Indien im frühen 19. Jahrhundert, als die Landvermesser der East India Company viele Tempel, heilige Stätten, alte Münzen und Inschriften nicht mehr gesprochener Sprachen entdeckten. Im Jahre 1830 wird das Felsedikt von Kaiser Ashoka entziffert, und so datiert man den Beginn der indischen Zivilisation kurzerhand auf das 3. Jahrhundert v. Christus.

Erst im 20. Jahrhundert kommt neue Bewegung in die Suche nach den Wurzeln der indischen Hochkulturen, als die Forschungsexpedition des englischen Archäologen Sir John Marshall 1924 bei Mohenjo-Daro Reste einer Kultur entdeckt, die älter ist als alles, was man bisher kennt. Der Fund befindet sich im heutigen Pakistan – das erst 1947 ein eigenständiger muslimischer Staat wurde –, am westlichen Ufer des unteren Indus. Kurze Zeit später wird einige hundert Kilometer weiter nördlich bei Harappa eine weitere Stadt desselben Alters ausgegraben. Die archäologischen Funde weisen auf eine Kultur mit gut funktionierenden sozialen Stadtgemeinschaften hin, die untereinander einen regen Handel treiben und über ein Schriftsystem verfügen. Zuerst nahm man an, die Wurzeln dieser Kultur lägen in Mesopotanien. Doch die späteren Funde lassen 1998 die Archäologen Richard H. Meadow von der Harvard Universität und J. Mark Kenoyer von der Universität Wisconsin, Madison, zum Schluss kommen, dass es sich um eine eigenständige Hindu-Zivilisation handelt, die bereits in einer Zeit etwa 3000 v. Chr. existierte.
(Aus Geburt einer Zivilisation von Jonathan Mark Kenoyer, Vizedirektor des Harappa Archaeological Research Project, erschienen im Archaeological Institute of America, Ausgabe 51, Nr. 1, Januar/Februar 1998.)

Der amerikanische Historiker Will Durant weist in seiner „Kulturgeschichte der Menschheit – Das Vermächtnis des Osten“ darauf hin, diese Hochkultur sei vermutlich früher noch entwickelter gewesen.

Er schreibt:
Sonderbar genug, die untersten Schichten dieser Überreste (von Mohenjo-Daro) weisen eine höher entwickelte Kunst auf, als die oberen Schichten, als ob die ältesten Lager von einer bereits Hunderte, vielleicht Tausende von Jahren alten Kultur herrührten… Nach der Hausarchitektur, dem Spiegelschnitt und der Anmut der Tonwaren zu schließen, war die Induskultur zu Beginn des dritten Jahrtausends v. Chr. der babylonischen überlegen. Aber das war eine späte Phase der indischen Kultur; sie könnte auch schon früher führend gewesen sein.