Guru – Lehrer

Guru (Guru) bedeutet einerseits schwer, gewichtig (an Wissen), andererseits Lehrer, jemand der unterrichtet.

Allgemein versteht man heute unter Guru einen geistigen oder spirituellen Lehrer, auch geistiger oder spiritueller Meister genannt. Der Begriff hat auch in den modernen Sprachschatz gefunden, wo er unterschiedlich besetzt ist. Positiv z.B. als Mode-Guru u. ä., aber auch negativ als Sekten-Guru u. ä.

Im Veda werden alle Arten von Lehrern mit dem Begriff Guru verbunden. Selbst jemand, der heutzutage Bücher schreibt oder Vorträge hält, um vor so genannten Gurus zu warnen, verhält sich in diesem Augenblick nach vedischer Definition wie ein Guru (Lehrer), also ein Guru, der vor Gurus warnt.

Vier Kategorien von Guru

Der Veda unterscheidet vier Kategorien von Gurus:

  • Die Eltern. Durch die Eltern erhält die Seele (Atman) ihren Körper und wird im besten Falle von ihnen laufend unterrichtet, wie die Probleme des Lebens zu meistern sind.
  • Lehrer, die allgemeines Wissen vermitteln. Schullehrer, Universitätslehrer, Handwerksmeister, militärische Ausbilder, einfach jeder, der irgendeine Form der Ausbildung theoretisch oder praktisch vermittelt.
  • Der spirituelle Lehrer1. Ihm obliegt die schwierige Aufgabe, den interessierten Schüler auf dem Pfad der Selbst- und Gotteserkenntnis anzuleiten, ihm Wissen zu vermitteln und ihn auf Gefahren und Hindernisse hinzuweisen. Daher gibt es eine weitere Deutung des Begriffs Guru: gu = Dunkelheit, Unwissenheit; ru = entfernen, vernichten.
    Ähnlich den Eltern, ist es seine Aufgabe, den Schüler zu eigenständigem, freiheitlichem und selbstverantwortlichem spirituellen Leben anzuleiten, ohne den oder die Schüler von sich abhängig zu machen.
  • Die Avatare Gottes, wozu auch die Überseele, der Paramatman, gezählt wird. Gott selbst ist der ursprüngliche und natürliche Guru oder Lehrer für alle Seelen, die sich in der äußeren Energie (Maya-Shakti) verstrickt haben. Gleichzeitig ist der höchste Herr auch das transzendente Ziel, auf das alle spirituellen Lehrer der traditionellen Sampradayas hinweisen.

1 Im Bhakti-Yoga bezieht sich der Begriff „Guru“ fast ausschließlich auf den spirituellen Lehrer.

Tradition

Traditionell wird beim Thema „Guru“ (spiritueller Lehrer) auf folgenden Vers der Bhagavad-Gita verwiesen:

tad2 viddhi praṇipātena paripraśnena sevayā
upadekṣyanti te jñānaṁ jñāninas tattva-darśinaḥ

„Versuche dieses Wissen über Yajñas3 zu verstehen, durch demütige Unterwerfung, durch forschendes Fragen und durch persönliches Dienen. Die Wissenden (die Weisen, die Gurus oder Lehrer), welche die Wahrheit selbst erfahren haben, werden dich dadurch ihr Wissen lehren.“
(4.34)

2 Das Wort „tad“ weist in diesem Vers auf die vorher beschriebenen Formen von Yajnas hin. Befragt werden die Wissenden, die Gurus, welche Wissen haben und dieses Wissen lehren.

3 Yajnas sind zumeist Rituale und zeitlich begrenzte Gelübde, um sich vor Reaktionen auf unvermeidliche, alltägliche Handlungen zu schützen. Im gegenwärtigen Kali-Yuga ist das empfohlene Yajna Harinama Samkirtana, das gemeinsame Singen der heiligen Namen. Die drei grundlegenden Formen des Yajna bestehen aus dem Hören, Singen und dem Erinnern an den heiligen Namen Gottes. Dieses Yajna ist die höchste Form des Gottdienens und des sich mit Gott verbinden (Bhakti-Yoga) durch spirituelle Liebe (Prema). Diese drei Formen der Verehrung des heiligen Namens Gottes sind Ausdruck des Wunsches, Gott zu lieben, im Vertrauen, diese Liebe irgendwann geschenkt zu bekommen. Diese Liebe zu ihm ist immer ein Geschenk, das durch nichts erzwungen werden kann.

Aus dem nächsten Vers wird deutlich, welches Wissen im Idealfall vom Guru vermittelt wird. Krishna (Sri Bhagavan), fährt fort:

„Mit dem, was zu wissen ist, wirst du, mein lieber Arjuna, nie wieder in Verwirrung und Täuschung fallen. Durch dieses Wissen wirst du alle Lebewesen in der höchsten Seele sehen, in mir (oder als Teile von mir).“
(4.35)

Hieraus wird klar, dass der wahre spirituelle Lehrer Wissen über die Seele, über Gott, über die Welt und ihre Beziehung untereinander vermitteln. Zentraler Punkt bildet hierbei das Wissen (Theorie und Praxis), wie eine Seele, die eine liebende Beziehung zum höchsten Herrn aufnehmen möchte, dies in ihrer jeweiligen Lebenssituation tun kann. Ein echter Guru schafft dabei keine künstlichen Abhängigkeitsverhältnisse und der wahre Schüler fühlt daher ein Leben lang eine innere Beziehung der Liebe und Dankbarkeit gegenüber dem Lehrer, der ihm die Augen mit Wissen geöffnet hat.

Rituale

Im traditionellen Vaishnavatum wird dem Nama-Guru die größte Wichtigkeit beigemessen. Es ist jener Lehrer, der einem das Singen und Meditieren mit den heiligen Namen Gottes lehrt, welche auch als Mantra bezeichnet werden.

In der heutigen Zeit geht damit oft eine formelle Einweihungszeremonie einher, in der die Schüler einen spirituellen Namen und eine Gebetskette erhält. Traditionell genügt aber bereits die einfache verbale Aufforderung des Lehrers die Namen Gottes regelmäßig zu singen.4

4 Bhaktivedanta Prabhupada schreibt, Haridasa Thakur habe Mayadevi vorschriftsmäßig eingeweiht, indem er sie nur dazu aufforderte, den Hare-Krishna-Maha-Mantra zu chanten.
(Chaitanya-Charitamrita 3.3.259, Erläuterung.)

  • Shiksha (Einweihung in transzendentes Wissen) hat nichts mit formellen Ritualen zu tun. Einweihung ist ein geistiger Vorgang, in dem man ein geistiges Prinzip oder die Essenz einer geistigen Lehre in sich aufnimmt und sich mit ihr verbindet.
  • Die formelle Einweihung (z.B. verbunden mit einer Feuerzeremonie) soll inspirieren, diese geistige Verbindung aufzunehmen und zu vertiefen. Wo sie als Mittel zur Abhängigkeit vom Guru oder einer Institution benutzt wird, sollte sie grundsätzlich abgelehnt werden, denn spiritueller Fortschritt durch die Vertiefung in den heiligen Namen, ist nie von Ritualen, einer Institutionszugehörigkeit oder einem ausbeuterischen „Lehrer“ abhängig. Einzig die eigene persönliche Aufrichtigkeit, dem Höchsten in einer liebevollen inneren Haltung näher zu kommen, ist von Bedeutung.
  • Begleitende Gelübde, wie sie in einzelnen, aber nicht in allen Vaishnava-Strömungen vorkommen, sollten nur dann abgelegt werden, wenn man sich über deren Tragweite bewusst ist, und wenn man diesen Gelübden aus einem inneren Bedürfnis folgen will und aus der Erfahrung der Praxis weiß, dass man diesen auch leicht folgen kann. Besser ist, man lässt sich gar nicht erst auf solche überflüssigen Rituale mit Gelübden ein. Meistens produzieren diese nur Abhängigkeits- und Schuldgefühle. Förmlichkeiten sind für manche Menschen hilfreich. Doch wer auf die Förmlichkeiten vertraut, verliert schnell das wahre Ziel des Herzens, die höchste Form der Liebe und Zuneigung zu Gott, aus den Augen. 
  • Es sollte nichts geben das jemanden zur formellen Einweihung oder dem Ablegen lebenslanger Gelübde drängt oder diese als unumgänglich verkaufen will. Wer solche manipulativen Thesen bemerkt, dreht sich am besten um hundertachtzig Grad und schaut nicht mehr zurück.
  • Das spirituelle Ziel ist Liebe zu Gott (Prema). Zwang oder Druck wären hierzu lediglich Hindernisse, denn Liebe gründet immer auf völliger Freiheit und Selbstverantwortung. (Siehe hierzu meine Website (https://gaurahari.ch)
  • Der heilige Name ist immer frei und von nichts abhängig!

Sri Krishna-Chaitanya Mahaprabhu lehrt:

„Man braucht sich nicht der Einweihung (Diksha) zu unterziehen oder die Tätigkeiten auszuführen, die vor der Einweihung nötig sind. Man muss nur den heiligen Namen mit den Lippen erklingen lassen. Auf diese Weise kann selbst ein Mensch aus der niedrigsten Klasse (Candala) befreit werden.“
(Sri Chaitanya-Charitamrita 2.15.108)

„Der heilige Name hängt nicht von Einweihung (na diksa), frommen Tätigkeiten oder der regulierenden Purascarya-Prinzipien ab, die normalerweise vor der Einweihung eingehalten werden. Der heilige Name wartet nicht auf all diese Tätigkeiten. Er ist nicht auf fremde Hilfe angewiesen.“
(Sri Chaitanya-Charitamrita 2.15.110)

Bhaktivedanta Swami Prabhupada schreibt:

„Ob ein Vaishnava ordnungsgemäß [Anm.: mit ritueller Zeremonie] eingeweiht ist oder nicht, ist belanglos. Man kann eingeweiht sein und trotzdem von der Mayavada-Philosophie5 verseucht sein, wohingegen ein Mensch, der den heiligen Namen des Herrn vergehenlos chantet, dieser Verunreinigung (des Geistes) nicht erliegen wird. Ein vorschriftsmäßig eingeweihter Vaishnava ist vielleicht unvollkommen, aber einer, der den heiligen Namen des Herrn ohne Vergehen (Aparadha) chantet, ist in jeder Hinsicht vollkommen. Obwohl er offensichtlich ein Neuling sein mag, muss er trotzdem als reiner, unverfälschter Vaishnava angesehen werden.“
(Erläuterung zu Chaitanya-Charitamrita 2.15.111)

5 Die Advaita-Lehre von Shankara.

Diese Aussage macht deutlich, dass spiritueller Fortschritt von nichts anderem als richtig verstandener und angewandter Unterweisung (Shiksha) abhängig ist.

Wer immer die reine Lehre (Shiksha) in sein Herz aufnimmt und folglich zwischen dem heiligen Namen und dem Herrn selbst keinen Unterschied sieht und durch das Aparadha-freie Chanten den Herrn in seinem Herzen festbindet, ist wahrhaft eingeweiht und nicht jener, der ein Ritual durchlaufen hat und denkt, das Ritual an sich befreie von allen Vergehen und erwecke die Liebe im Herzen des „Eingeweihten“. 

Zitate

„Das (verkörperte) Lebewesen kann die Gegenwart der Überseele, Krishna als Paramatman (der innere Lenker und Ratgeber), nicht direkt erfahren. So erscheint Sri Krishna in der Gestalt des Shiksha-Guru, als der höchste Geweihte des Herrn (Mahanta).“
(Sri Chaitanya-Charitamrita 1.1.58)

„Man sollte wissen, dass der anweisende geistige Meister (Shiksha-Guru) eine Manifestation Sri Krishnas ist. Sri Krishna offenbart sich als die Überseele (Paramatman) und als der beste Geweihte des Herrn (Bhakta-srestha).“
(Sri Chaitanya-Charitamrita 1.1.47)

„Die Sonne und der Mond vertreiben die Dunkelheit der Welt und enthüllen so materielle Dinge wie Töpfe usw. Aber diese beiden Brüder (Chaitanya und Nityananda) nehmen die Dunkelheit aus dem Herzen und helfen uns so, den beiden Arten von ‚Bhagavatas‘ zu begegnen. Einer der Bhagavatas ist die bedeutende Schrift Bhagavatam, und der andere ist der reine (Prema-)Bhakta, der die Wohlgeschmäcker liebender Hingabe empfängt und kostet. Durch diese beiden Bhagavatas gibt der Herr die BhaktiRasas (die ekstatischen Empfindungen der Liebe zu Gott) in das Herz seines Geweihten. Und so wird der Herr durch die reine Liebe im Herzen des Bhakta beherrscht.“
(Sri Chaitanya-Charitamrita 1.1.97-100)

Fazit

Der Gottsucher kommt einerseits nicht darum herum, befähigte Lehrer anzunehmen, was durch das Akzeptieren ihrer Unterweisungen (Shiksha) automatisch geschieht (und dessen darf man sich ruhig bewusst sein), und andererseits ist das Gelernte – in erster Linie das vergehenlose Chanten der heiligen Namen Gottes – und die praktische Entwicklung der Liebe zu Gott nicht von irgendwelchen Förmlichkeiten oder institutionellen Zugehörigkeiten abhängig.

Das höchste Geschenk Gottes an die Lebewesen ist die Freiheit6. Und nur auf der Grundlage dieser genutzten Freiheit, kann sich wirkliche Liebe zu Gott entfalten und endlos anwachsen.

6 Siehe ‚Freiheit und Fortschritt‘ unter Bhagavatam.

Literatur

Auszug aus dem Buch »Sri Guru und seine Barmherzigkeit«
von Swami B.R. Shridhara Maharaja

Der Strom der geistigen Wahrheit ist etwas Lebendiges, nichts Totes…
Hier in der materiellen Welt vermischen sich immer wieder materielle Überlegungen mit der geistigen Strömung; dadurch wird die Reinheit der Wahrheit ständig beeinträchtigt. Deswegen muss Sri Krishna manchmal selbst kommen und manchmal schickt er seinen persönlichen Beauftragten, um die Wahrheit wieder in ihren reinen Zustand zu bringen.

Wir dürfen nicht erwarten, dass die Wahrheit in dieser Welt der Unstimmigkeiten fortbestehen kann, ohne irgendeiner Art der Einmischung oder Unterbrechung ausgesetzt zu sein.7 Das ist einfach nicht möglich.

7 Die natürlichen Einflüsse in der Welt Mayas gründen in erster Linie im Faktor »Zeit«. Wissen geht vom Lehrer zum Schüler und so weiter. Das führt immer wieder zu Verzerrungen, Irrtümern und sogar zur Unterbrechung der Parampara, die regelmäßig erneuert, bzw. aufgefrischt wird.

Die Schülernachfolgelinie darf man nicht bloß unter ihrem physisch-materiellen Aspekt betrachten. Manchmal ist sie gegenwärtig und manchmal ist sie verlorengegangen und taucht erst nach zwei oder drei Generationen wieder auf, so wie im Fall von Prahlada Maharaja. Er war ein großer Gottgeweihter, aber sein Sohn war ein Dämon und erst sein Enkel war wieder ein Gottgeweihter (der Bhakta Bali Maharaja). Sogar in der physischen Erbfolge können wir solche Unterbrechungen feststellen. Und auch in der geistigen (spirituellen) Nachfolge erleben wir, wie der Kanal, auf dem die Wahrheit einströmt, durch den Einfluss der falschen Vorstellung in Mitleidenschaft gezogen wird. Deshalb werden die wirklichen Kenner nur die bedeutendsten Persönlichkeiten innerhalb der Linie heraussuchen.

Diejenigen, die diesen einfachen Sachverhalt nicht verstehen können, werden von körperlichen Überlegungen geleitet. Sie verstehen nicht, was die wirkliche geistige Wahrheit ist. Sie setzen die Guru-Parampara mit ihrem körperlichen Fortbestehen gleich. Aber jene, die ihre geistigen Sinne erweckt haben, sagen: „Nein, das, was den ersten Acharya (beispielgebender und sachkundiger Guru) auszeichnete, das kann man im zweiten oder dritten nicht wiederentdecken. Aber im vierten Acharya, da finden wir wieder den gleichen Grad an Reinheit.“ Es gibt nur eine Gaudiya-Sampradaya von Mahaprabhu und wer immer seinen Beitrag zu dieser echten Nachfolgelinie leistet, der wird anerkannt.

Shastra-Guru (die offenbarten vedischen Schriften und die geistigen Meister, die durch diese zu uns sprechen), Shiksha-Guru (die unterweisenden Gurus), Diksha-Guru (jener, der seinen Schüler ins Gayatri-Mantra einweiht)8 und Nama-Guru (der Guru, der uns den heiligen Namen gibt), sie alle werden als zusammengehörig betrachtet.

8 Wie wir zu Anfang sahen, ist diese Einweihung nicht notwendig. In früheren Zeiten (vor Beginn des Kali-Yuga) wurde das Gayatri-Mantra, zusammen mit der heiligen Schnur, nur an Brahmanas, Kshatriyas und Vaishyas vergeben. Der Veda sagt klar, dass im Kali-Yuga jeder als Shudra oder tiefer geboren wird. Der Shudra gehört noch ins System des Varna. Die Mlecchas oder ähnlich (im Sinne der Veda-Schriften) barbarischen Menschen, stehen außerhalb der vedischen Kultur. Sowohl ein Shudra, Mleccha u.Ä. sind immer befähigt beim Namen des Höchsten Zuflucht zu nehmen und von ihm mit Prema gesegnet zu werden. Ihre Zuneigung zum heiligen Namen Gottes ist von unendlich größerer Bedeutung als das perfekte charakterstarke Leben eines Brahmana
Diese Einweihung ins Gayatri-Mantra lässt beispielsweise einen Mleccha so stolz werden, dass er sich einbildet (was teils gefördert wird), er sei jetzt ein Brahmana.
Deshalb rate ich von diesem rituellen Einweihungssystem ab, obschon es in den letzten zwei Jahrhunderten in Indien hilfreich war. Hier im Westen und auch im Indien des 21. Jahrhunderts ist es nur ein Hindernis, das dem Ziel des heiligen Namens im Weg steht.

Im Zusammenhang mit dem Acharyatum messen wir der körperlichen Verbindung keine Bedeutung bei. Es ist eine geistige Strömung und keine körperliche. Ja, es kann sogar sein, dass ein Schüler eines aufrichtigen Gottgeweihten (Bhakta) nur mangelndes Gottesbewusstsein entwickelt oder sogar wieder herunterfällt.9 Sri Krishna sagt in der Bhagavad-Gita (4.2): „Der reine geistige Strom wird durch den Einfluss der materiellen Welt verdeckt“. Deswegen kann man die körperliche Nachfolge nicht als sicheren Maßstab für den Fortbestand der Linie zu Grunde legen. Wir sollten einzig dem Strom des echten geistigen Wissens folgen.

9 Herunterfallen: das innere Bemühen, das Geschenk der Gottesliebe zu erhalten, aufzugeben und sich innerlich dem weltlichen Leben zuzuwenden.
Äußerlich wird ein Shudra oder Mleccha immer mit weltlichen Dingen und den Sinnesfreuden beschäftigt sein. Das ist Bestandteil seiner zeitweiligen Natur, feinstofflich und physisch. Das Herunterfallen bezieht sich ausschliesslich auf sein inneres Streben und Wünschen, Liebe zu Gott zu erlangen.

Wo auch immer es Hingabe und die richtige Vorstellung in Bezug auf Sri Chaitanya Mahaprabhu gibt, da finden wir auch unseren Guru. Wer aber ist unser Guru wirklich? Er ist nicht identisch mit irgendeiner körperlichen Gestalt. Vielmehr müssen wir ihn immer dort erkennen, wo wir die Verkörperung des reinen Denkens und Verstehens vorfinden, das von Sri Krishna-Chaitanya Mahaprabhu gelehrt wurde, um uns zu retten.10

Auf diese Weise hat Srila Bhaktisiddhanta Prabhupada die Shiksha-Guru-Parampara erklärt. Wo auch immer wir diese außergewöhnliche Verbindung, diesen Strom der Gottesliebe oder auch nur die Unterstützung dafür vorfinden, dort müssen wir uns hingeben. Es mag scheinen, dass diese Linie im Zick-Zack verläuft, aber dennoch ist das die Linie, der mein Gurudeva angehört. Und genau so wird sie akzeptiert. Wir sind auf das Wesentliche aus und nicht auf die äußere Form.

Wer ist also Guru? Einzig jemand, der mich ausschließlich zu Krishna und Mahaprabhu führen wird und das allein durch Liebe. Er ist mein Guru, was immer er auch sein mag.

Die echte Schülernachfolgelinie stellt also praktisches Wissen zur Verfügung, um damit der göttlichen Liebe beizustehen, die herabkommt… Wir sollen keine „Formverehrer“ werden, sondern Menschen, denen es um das wahre Wesen der Dinge geht; keine Nachahmer, oder Menschen, die etwas nur tun, weil es gerade Mode ist, sondern realistische Denker. Das sollte immer unsere innere Einstellung sein.

10 Allgemein: Rettung als Befreiung (Moksha) aus dem Kreislauf von Geburt und Tod, Samsara.
Spezifisch: Rettung durch das höchste Geschenk, Liebe (Prema) zu Gott, das noch über Moksha hinausgeht.

Siehe auch